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Reinräume Herausforderung "Bauen im Bestand"

«Selbst wenn alles bis ins kleinste Detail geplant ist, müssen wir vor Ort noch auf kurzfristige Anforderungen reagieren können», beschreibt Herbert Wigger, langjähriger Energieingenieur bei der Jobst Willers Engineering AG, die Herausforderungen beim Reinraumbau in bestehenden Gebäuden. Dass er gleichzeitig auch Architekt ist, zeigt, was die wichtigste Kompetenz beim Bauen im Bestand ist: Der Blick fürs Ganze. Wiggers Aufgabe ist es, als Projektmanager über den «Reinraumrand» hinauszublicken und neben der technischen Planung auch die bauliche Perspektive zu berücksichtigen. «Wer von Anfang an das bauliche Umfeld richtig beurteilen und einbeziehen kann, plant effizienter», weiss er aus Erfahrung, «das schont Budget und Nerven.»

Labor-Layout zur Medikamentenherstellung einer Apotheke mit Raum-in-Raum-Konzept und Zonenaufteilung (Umluftbetrieb).

Flexibilität führt zum Ziel
Bauen im Bestand stellt jeden erfahrenen Planer immer wieder vor knifflige Aufgaben. Zum einen sind die Grundrisse sowie das Platzangebot vorgegeben, und auch die Infrastruktur ist meist nicht für die spezifischen Anforderungen ausgelegt. Beispielsweise kann es sein, dass nur eingeschränkte Möglichkeiten für Steigzonen der Lüftung bestehen oder dass die Deckenlast nicht ausreicht. Auch kann es vorkommen, dass das Platzangebot für die technisch erforderlichen Komponenten zu klein ist – dann sind kreative Lösungen und gute Alternativen gefragt. Wigger weist zudem darauf hin, dass die Zugänge, die für die Materiallieferungen notwendig sind, rechtzeitig überprüft werden müssen. «Ist beispielsweise kein Lift vorhanden, sind Türen oder Fenster zu klein, dann kommt es schon mal vor, dass der Dachstock geöffnet werden muss, um das Baumaterial aus der Luft an seinen Platz zu bekommen.» In solchen Fällen ist eine exakte Terminplanung notwendig und das erforderliche Budget muss rechtzeitig geplant werden. Ein gutes Timing ist vor allem dann zwingend, wenn die Umbauten bei laufendem Betrieb stattfinden.

Obendrein gilt es, alle Hygiene- und Reinheitsvorschriften einzuhalten, sowie möglichst lärmarm zu arbeiten. «Dazu braucht es grosse Nervenstärke», verrät Herbert Wigger, «auf beiden Seiten.» Ihm ist dabei besonders das gegenseitige Vertrauen zwischen Bauherren und Planern wichtig.

Raum-in-Raum und Umluftbetrieb
Für die Implementierung von Reinräumen in Bestandsbauten erläutert Wigger zwei Lösungsansätze: Beim «Raum-in-Raum-Konzept» profitiert man von den entstehenden Zwischenzonen, da sie für die Erschliessung genutzt und aus bauphysikalischer Sicht – bzgl. Kondensationsproblematik an der Aussenfassade – gut kontrolliert werden können. Auch finden die bestehenden Heizkörper weiterhin Verwendung. Zudem ist ein umlaufender Korridor als Fluchtweg dienlich, da seit der neuen VKF-Verordnung nur über einen zusätzlichen Raum geflüchtet werden darf. Genügend Raumhöhe vorausgesetzt, lassen sich in der Zwischendecke des
Gangbereichs Teile der Raumlufttechnik installieren, deren Lasten über die Aussenfassade abgetragen werden können. Ein Vorteil bei der oft reduzierten Tragfähigkeit der Geschossdecken bei Altbauten. Bei Bestandsbauten allgemein, insbesondere jedoch bei denkmalgeschützten Liegenschaften, sind die für Reinräume erforderlichen grossen Kanalquerschnitte der Lüftungsanlage problematisch, da genügend dimensionierte Steigzonen fehlen und grosse Luftauslässe das Dach und Fassadenbild stören. Um trotz der erforderlichen hohen Luftwechsel den Frischluftanteil zu reduzieren, sollte die Anlage deshalb mit einem möglichst grossen
Umluftanteil betrieben werden. «Dies bedingt jedoch, um Kreuzkontaminationen zu vermeiden, eine eigene Umluftanlage pro Zone mit einem Produkt oder Verarbeitungsschritt, welche von einer kleineren, zentralen Frischluftanlage versorgt wird», führt Wigger aus. Die Entwicklung des Zonenkonzepts und allgemein des Layouts, in einer frühen Planungsphase und in enger Zusammenarbeit mit dem Betreiber, ist deshalb auch hier besonders wichtig. Der Umluftbetrieb hat mehrere Vorteile: Mehr Platz, eine erhebliche Reduktion der Wärme- und Kälte-, sowie der Be- und Entfeuchtungsbedarf der Lüftungsanlage im Umluftbetrieb und somit ein niedrigerer CO2-Austoss und tiefere Betriebskosten.

Beim «Raum-in-Raum-Konzept» profitiert man von den entstehenden Zwischenzonen. Umlaufende Korridore dienen beispielsweise als Fluchtwege. (Symbolbild: Shutterstock)

Willers, das familiengeführte Ingenieurbüro mit Sitz in Rheinfelden und Standorten in Bern und Zürich beschäftigt 70 Mitarbeitende und ist spezialisiert auf Gesamtplanungen für Reinraum- und Labortechnik. Für den Kunden hat die Gesamtplanung einen entscheidenden Vorteil: Die Verantwortung für das Projekt ist bei einem Spezialisten, einer Spezialistin gebündelt. Damit reduzieren sich die Schnittstellen auf ein Minimum, die Zusammenarbeit mit den Bauherren erfolgt eng und das Ergebnis sind effiziente Lösungen.

Weitere Informationen
Jobst Willers Engineering AG
Quellenstrasse 1
CH-4310 Rheinfelden
+41 61 836 97 00
info@willers.ch

www.willers.ch

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